Diese Frage stellen sich aktuell viele Betreiber von Premium-Fitness- & Gesundheitszentren. Corona hat die Branche verändert und eine Entwicklung noch einmal beschleunigt, die bereits vor der Pandemie ihren Lauf genommen hatte. Das Kaufverhalten der Menschen hat sich geändert. Sie streben nach der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung und sind es gewohnt, jede Leistung „nur einen Wisch entfernt“ zu haben. Sie lieben Klarheit und Transparenz und streben nach Flexibilität und Individualität. Doch müssen deshalb gleich alle Abos monatlich kündbar sein und nur noch online verkauft werden? Müssen funktionierende Vertriebssysteme über Bord geworfen werden und wie sieht dann eigentlich die Zukunftsperspektive im Qualitätssegment aus?
Viele Fragen, auf die es pauschal keine Musterlösung gibt. Jedoch die Erkenntnis, dass das Angebots- und Verkaufssystem zum Unternehmen und zum Unternehmer passen muss. Bei einer starken Positionierung als Gesundheitsexperte erwartet die Zielgruppe eine fachlich fundierte Beratung, was alleine schon wegen der entstehenden Kosten gegen einen schnellen und unverbindlichen Onboarding-Prozess spricht. Ein solches Gesundheitssport-Produkt ist erklärungsbedürftig und lässt sich deshalb nur schwer online verkaufen. Auch auf das stärkste Marketinginstrument – den Preis – muss in der Regel in der Außenkommunikation verzichtet werden. Stattdessen wird mit gesundheitlichen Problemen oder deren Lösung geworben und das Image des Unternehmens in den Vordergrund gestellt. Die Abschlussquote der Menschen, die sich auf Basis dieser Motivation beraten lässt, ist sehr hoch. Die Anzahl der Leads war jedoch in den vergangenen Jahren oft rückläufig bzw. deren Generierung durch Vertriebsprozesse sehr aufwendig. Kann man von der reinen Gesundheitssport-Klientel leben und die Lücke, welche die Pandemie in den Mitgliederstamm gerissen hat, schnell wieder füllen? Reicht die Anzahl der Kontakte aus? Diese Frage kann nie pauschal, sondern muss immer individuell vor Ort beantwortet werden.
Wie in allen Branchen gilt der Grundsatz: Starke Marken haben starke Regeln. Wer den regionalen Markt als Qualitätsanbieter anführt, mit seiner Leadsituation zufrieden ist und damit ein Wachstum generiert, der kann diesen Weg konsequent weitergehen bis sich dieser Zustand (hoffentlich nie) ändert. Wer bereits vor Corona mit rückläufigen Leadzahlen zu kämpfen hatte, mit Mitbewerbern um die gleichen Kunden buhlt und deshalb neben dem Gesundheitssportler auch eine Lifestyle-Zielgruppe ansprechen möchte, der sollte sich mit alternativen Verkaufssystemen auseinandersetzen.
Der sogenannte „hürdenfreie Verkauf“ lädt den Interessenten zu einer kostenfreien Testphase ein um in dieser Zeit eine emotionale Bindung zum Club, den Leistungen und den Mitarbeitern herzustellen. Diese Emotionalität wird dann für den nachgelagerten Verkaufsabschluss genutzt. Das Ergebnis ist in der Regel das gleiche wie beim Direktabschluss: Eine laufzeitgebundenen Mitgliedschaft zum angepeilten Zielbeitrag und dem Grundsatz „Treue wird belohnt“. Die Gewinnung von mehr Interessenten ist hier aber durch eine klare Botschaft im Marketing, eine transparente Angebotsdarstellung auf der Internetseite und eine digitalisierte Weiterempfehlungssystematik deutlich einfacher und skalierbarer. Die Kosten können durch eine sehr stark reduzierte Vertriebsaktivität gesenkt und der Fokus wesentlich mehr auf das Kernprodukt Training gelenkt werden.
Ein für die Zukunft ganz wesentlicher Punkt beeinflusst die Entscheidung für das Verkaufssystem und alle weiteren Abläufe im Studio ebenfalls stark und sollte deshalb in jedem Fall berücksichtigt werden: Die Personalsituation. Gelingt es dem Qualitätsanbieter, High-Performer am Arbeitsmarkt für komplexe und aufwendige Vertriebsprozesse zu finden und dauerhaft an sich zu binden? In vielen Branchen passen sich die Prozesse mittlerweile den zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen an und auch in der Fitness- und Gesundheitsbranche wird das Thema Mitarbeiter einen entscheidenden Platz einnehmen.
Fazit: Das Qualitätssegment der Branche hat exzellente Zukunftsperspektiven, wenn der Nutzen des Angebotes an Mitglieder und / oder Tester konsequent und einheitlich kommuniziert wird. In diesem Fall ist es fast egal, ob der Mitgliedschaftsabschluss direkt bei der Erstberatung oder am Ende der Testphase stattfindet. Wer im Kundenkontakt nicht begeistert und seine Mitarbeiter dazu befähigt, an der richtigen Stelle auf die Unternehmensziele einzuzahlen, der wird auf Dauer mit beiden Verkaufssystemen zu kämpfen haben.
Über den Autor
Yannik Hoenig ist selbst Clubinhaber. Seine Sportwelt Rosbach zählt zu den führenden Fitness- und Gesundheitsanbietern in Hessen und ist die Hausanlage der POSITION-Firmengruppe. Als Unternehmensberater und Coach begleitet und gestaltet er den Wandel der Branche mit und lebt in seinen eigenen Unternehmen, wovon er in Seminaren, Webinaren, Podcasts und Interviews spricht. Mit hochwertigen Fitness- und Gesundheits-Dienstleistungen eine starke Positionierung und einen Sog am regionalen Markt auslösen und über effiziente Prozesse zu einer bestmöglichen Wirtschaftlichkeit gelangen – dafür steht Yannik Hoenig.
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