Die Kündigungsquoten bei Neukunden sind alarmierend. Nur rund 50% der Neuanmeldungen schaffen es über die Erstlaufzeit, der Rest fällt dem sogenannten DropOut zum Opfer und entscheidet sich bereits in der Grundlaufzeit gegen das Angebot des Fitness- & Gesundheitsanbieters. Auch die CheckIn-Frequenz bestätigt diesen Trend, denn 60% der Neumitglieder rutschen bereits nach 8 Wochen unter den Faktor von 2 Besuchen pro Woche. Die Gründe hierfür scheinen vielseitig und doch ist die Senkung der Fluktuationsquote in der Erstlaufzeit (DropOut) ein Schlüssel für ein schnelles Mitgliederwachstum und weniger Druck im Vertrieb.
Was sind die Erfolgsfaktoren, um den Anteil der neuen Mitglieder, die das Training fest in ihren Alltag integrieren und gegen andere Einflüsse und Termine verteidigen, zu erhöhen? Ein Blick auf die individuellen Bedürfnisse des neuen Mitglieds kann helfen. Für wie viel Veränderung in seinem Leben ist der Kunde zu Beginn seiner Mitgliedschaft überhaupt bereit? Und welche Faktoren spielen bei der Zusammenstellung des persönlichen Trainingsprogramms eine Rolle?
Erfolgsfaktor 1: Anmeldung über Sog statt über Druck
Das neue Mitglied hat entschieden, dem Thema Training eine Chance zu geben und auszuprobieren, ob es nicht einen Platz in seinem Alltag findet und ihn bei der Erreichung seines Ziels unterstützt. Der Rücken schmerzt, die Pfunde stören – Training soll also helfen. Der erste Eindruck im Studio ist positiv, der Trainer kompetent und die Atmosphäre besser als gedacht – und 7 Salesphasen später hat man sich in der Regel für 12 oder 24 Monate angemeldet. Vergleichbar ist dies mit einer Hochzeit beim ersten Date. Dem gegenüber kann eine längere Kennenlernphase helfen, die Entscheidung besser abzuwägen und damit ein stabileres Fundament für das geplante Vorhaben zu bauen. Der Mitgliedschaftsstart ohne Laufzeitbindung nimmt den Druck komplett raus und das Ergebnis – eine laufzeitgebundene Mitgliedschaft – ist in der Regel das gleiche.
Erfolgsfaktor 2: Trainingsprogramm anhand der persönlichen Vorlieben
Über Jahrzehnte hat ausschließlich das Ziel des Kunden das Trainingsprogramm bestimmt. Welche Inhalte sind zur Erreichung seines persönlichen Ziels am besten geeignet? Welche Intensität und Frequenz wird benötigt? Beim intrinsisch motivierten Sportler ist diese Herangehensweise sicherlich nachvollziehbar und die Orientierung an den sportwissenschaftlichen Prinzipien sinnvoll. Den semi-motivierten Freizeit- & Gesundheitssportler überfordert diese Art des Trainings oft. Deshalb gilt es, mit einem Profiling die Motivatoren und Vorlieben des Kunden herauszufinden. Hierzu kann ein Fragebogen beim Erstgespräch eingesetzt werden: Trainiert er lieber alleine oder in der Gruppe? Benötigt er ein termingebundenes Programm mit einem hohen Maß an Betreuung oder mehr Flexibilität? Liebt er Herausforderungen oder benötigt er Sicherheit und Kontinuität? Nutzt er auch Trainingsangebote außerhalb des Clubs, die er z.B. auf der Studio-App mit tracken möchte? Ist er technikaffin und benötigt Nachvollziehbarkeit im Training? Motivieren ihn Atmosphäre und Musik? Braucht er auf Dauer einen Trainingsbuddy, um durchzuhalten? Jeder Mensch ist unterschiedlich und demnach sollten die Vorlieben und Charakterzüge des Kunden entscheiden, welchen Weg er bei uns zu Beginn einschlägt.
Erfolgsfaktor 3: Darfs ein bisschen mehr sein?
Nach 4 bis 8 Wochen hat unser Neukunde seine Art der Mitgliedschaft gewählt, Sicherheit und vielleicht sogar Spaß am Trainingsbesuch gefunden. Er wurde sozial integriert, hat eine Bindung zu den Trainern und zu anderen Trainingsgästen aufgebaut und ist bereit für mehr. Erst an dem jetzigen Punkt bietet der Trainer mehr an: Trainingswissen, Ernährungscoaching, weiterführende Trainingsangebote…! Wir alle wissen, dass der Trainierende neben wirksamen Trainingsreizen für Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit auch eine ausreichende Versorgung des Körpers mit Nährstoffen, Flüssigkeit und Proteinen braucht, bei der Regeneration unterstützt werden muss und gewisse Anker benötigt, um dauerhaft motiviert zu bleiben. All dies geben wir ihm jetzt – individuell anhand seiner persönlichen Bedürfnisse.
Fazit: Der Weg zur Verhaltensänderung für das Mitglied ist schwer und die Integration eines regelmäßigen Trainings in den terminüberfluteten Alltag eine größere Herausforderung, als viele von uns denken. Ein entspannterer Start schafft Sicherheit und Selbstvertrauen und gibt den Trainern die Möglichkeit, das Mitglied nach und nach zu entwickeln. Hierzu braucht es aber auch eine entsprechende Qualifikation der Mitarbeiter, die von Trainern zu Coaches entwickelt werden müssen. Auf der klassischen B-Lizenz-Ausbildung lernen sie diesen Umgang mit Kunden sicherlich nicht.
Über den Autor
Yannik Hoenig ist selbst Clubinhaber. Seine Sportwelt Rosbach zählt zu den führenden Fitness- und Gesundheitsanbietern in Hessen und ist die Hausanlage der POSITION-Firmengruppe. Als Unternehmensberater und Coach begleitet und gestaltet er den Wandel der Branche mit und lebt in seinen eigenen Unternehmen, wovon er in Seminaren, Webinaren, Podcasts und Interviews spricht. Mit hochwertigen Fitness- und Gesundheits-Dienstleistungen eine starke Positionierung und einen Sog am regionalen Markt auslösen und über effiziente Prozesse zu einer bestmöglichen Wirtschaftlichkeit gelangen – dafür steht Yannik Hoenig.